Ende Juni befand sich die süddeutsche Radnabe der Oldtimerwelt endlich wieder in Berchtesgaden. Nachdem sich Joachim Althammer vor zwei Jahren entschlossen hatte, die EdelweißClassic und den Edelweiß-Bergpreis zukünftig zweijährig im Wechsel durchzuführen, warteten die Fans sehnsüchtig auf die Neuauflage des „Traums vom Autofahren mit Herz“. Durch den herzlichen und bodenständigen Charakter der touristischen Rallye ist die EdelweißClassic in den letzten 13 Jahren zu einer großen Familie herangewachsen und auch Neuankömmlinge fühlen sich sofort geborgen und liebevoll aufgenommen. So gab es am Freitag im Hotel Edelweiss, dem perfekten Mittelpunkt der Veranstaltung, bei der Begrüßung und Akkreditierung ein großes Hallo beim Treffen alter und neuer Freunde.
Nachdem die rund 150 Gäste ihre Unterlagen und Gastgeschenke in Empfang genommen hatten und die Zahl der Luftballons im Ford Escort geschätzt waren, teilte sich die Gruppe. Etwa die Hälfte genoss entweder den genialen Wellnessbereich im Hotel oder die Gastfreundschaft und die schönen Geschäfte in der Fußgängerzone vom Markt Berchtesgaden. Die andere Hälfte begab sich mit ihren Fahrzeugen auf den Weg Richtung Chiemsee, um den (freiwilligen) Prolog zu erfahren. Leider wurde den meisten Fahrern auf dem idyllischen Höhenrücken zwischen Inzell und Teisendorf der Blick auf den Chiemsee verwehrt, weil ein plötzliches und kurzes Gewitter den Einsatz der Scheibenwischer notwendig machte.
Nach einem Aperitif traf man sich am Abend im Saal des Hotels, wurde von Bürgermeister Franz Rasp begrüßt und erhielt von den jeweiligen Geschäftsführern der Lebenshilfe BGL und der Behindertenwerkstatt Piding, Dieter Schroll und Hermann Seeböck, einen kurzen Überblick über die beiden diesjährigen Spendenprojekte. Die schon zur Tradition gewordene Vernissage mit Bildern von Gerd Ehrenhuber fand natürlich auch statt, allerdings konnte der Künstler aus gesundheitlichen Gründen leider selbst nicht anwesend sein – seine 12 wunderschönen Aquarelle fanden jedoch am gleichen Abend noch reißenden Absatz und neue, glückliche Besitzer. Nach dem offiziellen Teil genoss man das tolle Menü aus der Küche und angeregte Gespräche mit alten und neuen Bekannten. Die eine oder andere Gruppe konnte man auch danach noch in guter Stimmung an der Hotelbar antreffen.
Zur Fahrerbesprechung am Samstagmorgen waren alle wieder – mehr oder weniger – ausgeschlafen und konzentrierten sich auf die Informationen von Joachim Althammer. Wie sich noch zeigen sollten, bewahrheiteten sich diesmal die Wetterprognosen des Veranstalters und es blieb den ganzen Tag sonnig. Hannes Mayerl, der langjährige Moderator und Sprecher der EdelweißClassic, war auch in der Nacht eingetroffen und verabschiedete mit launigen Worten die 75 Teams auf die Samstags-Runde. Die zahlreichen Zuschauer aus nah und fern konnten gegen „Futter für die Spenden-Eulen“ kleine Andenken und das aufwendige und informative Programmheft zur Veranstaltung erwerben.
Die Vormittagsstrecke führte durch den Talkessel zum neuen Wohnhaus der Lebenshilfe BGL, die hier einen lang gehegten Wunsch, auch durch die Mithilfe der EdelweißClassic, realisieren konnte. So finden auch Menschen aus dem südlichen Landkreis in Berchtesgaden endlich eine neue Heimat in der Nähe ihrer Familien. Die Rallyeteilnehmer konnten nicht nur sehen, wohin der eine Teil der diesjährigen Spenden floss, sondern wurden auch von den Bewohnern begeistert empfangen und erhielten ein wunderschönes Geschenk, sowie einen Stempel in die Bordkarte. Nun wurde es fahrerisch anspruchsvoll! Durch die Berchtesgadener Alpen ging es über die legendäre ehemalige Bergrennstrecke am Roßfeld Richtung Ettenberg zur Mittagspause. Vorher mussten bei der Anfahrt aber noch Schilder gezählt und Pfeil und Bogen-Künste bewiesen werden. Im Schatten der Wallfahrtskirche und des Mesnerwirtes hatte die Familie Weinmann mit einem Helfertrupp der EdelweißClassic auf einer großen Wiese ein sensationelles Picknick vorbereitet, von dem alle Anwesenden noch lange träumen werden.
Hinter einem historischen Traktor waren auf einem alten Anhänger Holzkistchen aufgestellt, worin sich die zünftige Brotzeit befand. Diese Holzkistchen, angefertigt und bedruckt von der Behindertenwerkstatt Piding, wurden von Mitarbeitern/innen der Werkstatt an die hungrigen Fahrer als Geschenk überreicht. Man holte sich kalte Getränke aus einer eisbefüllten alten Blechbadewanne und setzte sich auf „Stühle und Tische“ aus Strohballen. Wie schon erwartet und befürchtet, genossen einige Teilnehmer diese einzigartige Atmosphäre so lange, dass sie zu spät nach Bad Reichenhall zur Kaffeepause kamen.
Vorher ging es aber noch über einen winzigen ehemaligen Grenzübergang in die Nachbarrepublik und auf Nebenstraßen durch Berg und Tal entlang des Wiestalstausees und am Fuße des Gaisbergs entlang nach Salzburg. Von dort führte die malerische Strecke nach Bad Reichenhall auf den Rathausplatz. Hier warteten nicht nur Kaffee und Kuchen im Traditionsgasthof Bürgerbräu, sondern auch Hannes Mayerl am Mikrofon, viele Zuschauer und zur Überraschung aller, noch etwa 25 Oldtimer der „Via Julia“. Die Teilnehmer einer Tagesveranstaltung kamen vom Chiemsee und freuten sich über das Treffen mit der EdelweißClassic. Zurück in Berchtesgaden blieb genügend Zeit, sich für den Abend vorzubereiten.
Die Wenigsten hatten daran geglaubt, aber trotz ständigen Wetterleuchtens in den umliegenden Bergen, blieb es den ganzen Abend warm und trocken – und so wurde es eine der stimmungsvollsten Abendveranstaltungen in der langjährigen Geschichte der EdelweißClassic. Eine urig/edle Biergartenatmosphäre im Neuhausgarten, eine traumhafte musikalische Begleitung durch die „Salonboarischen“ rund um Ausnahmemusiker Hermann Huber und ein hervorragendes, typisch bayerisches Menü aus der Küche, ergaben einen zauberhaften Abend und eine tolle Umrahmung der Siegerehrung.
Ach ja, Sieger gab es auch! Nachdem handgetöpferte Automodelle aus der Behindertenwerkstatt als Ehrenpreise an die Besitzer des ältesten Fahrzeuges, die Weitangereisteten und die Gewinner der Teamwertung übergeben waren, erhielt der jüngste Teilnehmer noch einen riesigen Pokal. Den kleinsten der aus Sölker Marmor handgefertigten Edelweiß-Trophäen erhielten Jacqueline und Hans-Peter Moser mit ihrem holzbeplankten Morris Minor Traveller. Den zweiten Platz errangen mit minimalen Vorsprung Lydia und Josef Schmid mit dem Ford Taunus 17m und Sieger mit den weinigsten Strafpunkten wurden in diesem Jahr Eberhard Nowak (der auch am nächsten Tag noch eine wichtige Rolle spielen sollte) mit seinem Copiloten und Schwiegersohn Jörg Rummel. Ein wunderbarer Tag fand für die meisten Teilnehmer noch einen beschwingten Ausklang an der Hotelbar und man freute sich auf den Abschlusstag in Piding. Schon fast traditionell hatten viele fleißige Helfer in den Pidinger Werkstätten das Abschluss- und Sommerfest organisiert und aufgebaut. Petrus war offenbar nach dem Samstag zu sehr strapaziert und kurz vor dem offiziellen Beginn begann es zu regnen und der Himmel schloss seine Schleusen leider erst wieder nach dem Ende am Nachmittag.
Karl Valentin hätte gesagt: „Alle reden vom Wetter, aber keiner unternimmt was dagegen“. Der Freude und Begeisterung tat dies aber keinen Abbruch. Es wurden kurzfristig Zelte organisiert und aufgestellt, Musik- und Tanzvorführungen in den Speisesaal verlegt – und Schirme ausgepackt. Die Fahrzeuge der Rallyeteilnehmer und die Oldtimer des großen Organisationsteams wurden im Hof aufgestellt und von Hannes Mayerl und Florian Huber vorgestellt – und von den Zuschauern bejubelt. Über 1.000 Besucher genossen das Fest und wurden aus der Werkstattküche und aus Verpflegungshütten heraus mit Köstlichkeiten verwöhnt. Die Trachtenjugend, die Pidinger Musi und verschiedene Gruppen der Behindertenwerkstatt unterhielten die Gäste und man konnte bei einer Tombola tolle Preise gewinnen. Landrat und Schirmherr Georg Grabner ließ sich vom Wetter auch nicht abhalten und freute sich zusammen mit Oswald Lerach, dem Vorsitzenden der Lebenshilfe BGL, über eine Scheckübergabe. Diesen Scheck hatte Eberhard Nowak im Gepäck und übergab die symbolische Spende der Willi Althof Stiftung an Oswald Lerach als Zuschuss für die neuen Außenanlagen beim Wohnheim Berchtesgaden. Joachim Althammer übergab noch ein Geschenk an den scheidenden Geschäftsführer der Pidinger Werkstätten, Hermann Seeböck und verkündete dann noch die Gesamt-Spendensumme von knapp über € 83.000,–, womit für die Gestaltung der Rückzugsräume in der Werkstatt immerhin noch € 25.000,– zur Verfügung gestellt werden konnten.
Nach seinen Dankesworten an die Teilnehmer und die vielen ehrenamtlichen Helfer kündigte er noch eine leichte „Modernisierung“ der EdelweißClassic und das Datum der nächsten Veranstaltung an: Vom 28. – 30. Juni 2019 wird es neue und aufregende Fahrstrecken, neue Veranstaltungsorte und ein bunteres Teilnehmerfeld geben. Gleich bleiben wird aber der Mittelpunkt in Berchtesgaden und der soziale Hintergrund mit der Hilfe für Menschen mit Behinderung im Berchtesgadener Land. Und die in den 14 Jahren fast erreichte „Million“ soll dann endlich vollgemacht werden!