Schlagwort: Titelstory

Interview Ralf Schultheis

EdelweißClassic | Ralf Schultheis beim Holz bearbeiten in den Pidinger Werkstätten

Praktisch passt alles

Das Interview führte Olivia Stoll vom Sozialdienst der PWLH. Das Foto stammt aus der Kamera von Uwe Kurenbach. Im richtigen Augenblick abgedrückt hat auch er.

Olivia Hallo Ralf! Sag mal, wie lange bist du denn schon in der Werkstätte für behinderte Menschen in Piding?

Ralf Ich schätze so 25 Jahre, also 20 garantiert schon, da bin ich vor einigen Jahren mal geehrt worden.

Olivia Wie bist du denn hergekommen? Hast du vorher woanders gearbeitet?

Ralf Vorher hab‘ ich im Altersheim in Grabenstätt gearbeitet, als Hausmeistergehilfe. Früher wollte ich den Gärtnerberuf lernen, gescheitert ist es aber an den schriftlichen Prüfungen. Praktisch hat es bei mir schon immer gut gepasst, schriftlich ist für mich schwieriger.

Olivia Und du arbeitest in der Schreinerei, oder? Was machst du denn da?

Ralf Alle möglichen Tätigkeiten. Als es die alte Schreinerei noch gab, habe ich dort schon lackiert. Das habe ich dann in der neuen Schreinerei auch viel gemacht. Jetzt aktuell wieder mehr Montage, also EasyCooler (Weinkühler), Blumenkästen, Aufsteller oder auch mal eine Maschine einstellen – einfach alles, was mir meine Vorgesetzten zutrauen. Ich möchte mich ja auch weiterentwickeln und dazulernen.

Olivia Was gefällt dir daran am besten?

Ralf Ganz unterschiedlich, eigentlich mal das, mal das. Ich tüftle auch ganz gern.

Olivia Und wahrscheinlich magst du auch deine Begleitmaßnahme »Töpfern«, oder?

Ralf Ja, auf jeden Fall. Das mag ich nicht aufgeben. Überhaupt auch das Schnitzen mag ich gern, jetzt habe ich einen Oldtimer geschnitzt, der schaut schon toll aus.

Olivia Schnitzen auch. Toll, hab ja schon einiges gesehen von dir. So einen Greifvogel glaube ich und so eine Art Drachen.

Ralf Ja, stimmt, den Vogel, den hab‘ ich geschnitzt. Den Lindwurm, den habe ich getöpfert, der ist zuhause.

Olivia Und natürlich die vielen Oldtimer. Magst du denn diese alten Autos?

Ralf Ja, ich bin eigentlich schon Auto-interessiert. Ich hab‘ früher mal in der Auto-Aufbereitung bei einer Firma in Traunstein gearbeitet.

Ralf Schultheis bei seinem liebsten Hobby, dem Tennis spielen.

Olivia Du selber hast ja einen Roller, oder? Ist das auch ein Oldtimer?

Ralf (lacht) Nein, das ist kein Oldtimer. Ein ganz normaler, nein, ein Oldtimer leider nicht.

Olivia Und in deiner Freizeit, was machst du da so?

Ralf Tennis spielen.

Olivia Aha, Tennis. Spielst du da im Verein?

Ralf Ja, in Teisendorf. Und Schlagzeug spielen, auch ungefähr seit 25 Jahren. Auch in der Werkstatt schon mal und auch privat in verschiedenen Bands. Und das Schnitzen, das geht leider daheim nicht so, da hab‘ ich keinen Platz und mir fehlen die Werkzeuge. Auch Drechseln an einer Drehbank, das würde mir auch gefallen. Allgemein, eine kleine Werkstatt, ein Hobbyraum, das wär‘ ein Traum von mir.

Olivia Ok, Ralf, danke fürs Interview. Ich bin schon gespannt auf die neuen Oldtimer-­Trophäen, die sehen wir ja dann im Juni, oder? Vorausgesetzt, du wirst fertig?

Ralf (lacht) Ja, fertig werde ich auf jeden Fall.

Olivia Danke nochmals.

Portrait Susi Steindorf

EdelweißClassic | Susi Steindorf beim Töpfern in den Pidinger Werkstätten

Anissterne und rote Ohren

Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag über Susi Steindorf, eine Mitarbeiterin der Pidinger Werkstätten, verfasst von Olivia Stoll vom Sozialdienst der PWLH. Das Portrait stammt von Uwe Kurenbach.

Das ist Susi. Sie ist 30 Jahre alt und wohnt bei ihrer Familie in Laufen. Sie arbeitet in der Pidinger Werkstätten GmbH der Lebenshilfe Berchtesgadener Land in der Gruppe »Dienstleistung 6« seit 9 Jahren. Davor war sie im Heilpädagogischen Zentrum in Piding. In ihrer Arbeitsgruppe bestückt sie beispielsweise Tablettenschachteln oder sie faltet und etikettiert Klarsichtverpackungen.

Auch beim Sortieren und Abfüllen von Gewürzen ist Susi eingesetzt. Den Geruch von den zu verpackenden Anissternen, Lorbeerblättern und Zimtstangen mag Susi. Den Geruch von Chilifäden aber nicht so, weil sie scharf riechen.

Am liebsten arbeitet sie an Klebearbeiten. Das kann Susi besonders gut. Bei diesen Tätigkeiten, wo Susi unter anderem Etiketten auf Verpackungen für Edelsteinmischungen klebt, arbeitet sie akribisch, mit höchster Präzision.

Susi ist eine sehr fröhliche Person; während der Arbeit lacht sie viel, macht Scherze und ist für jeden Spaß zu haben.

Alle zwei Wochen ist Susi in ihrer Begleitmaßnahme beim Töpfern; dort formt sie gerne Schüsseln und andere Gefäße aus langen ausgerollten Tonschlangen, die sie auf Formen aufrollt und dann festdrückt. Oder sie bemalt getöpferte Werkstücke, wie neulich vor Ostern einen Osterhasen – mit einem Pinsel mit roter Farbe bemalt sie zuerst die Ohren und dann den Mund. Auch getöpferte Oldtimer hat sie mit unterschiedlichen Farben bemalt.

Susi mag gerne die Farbe rosarot, auch bei ihrer Kleidung und beim Schmuck, den sie gerne trägt.

In ihrer zweiten Begleitmaßnahme »Schau ins Land« geht sie mit anderen MitarbeiterInnen einmal pro Woche spazieren und schaut sich die Umgebung und Natur an.
In ihrer Freizeit hört Susi gerne Musik und malt für ihr Leben gerne Mandalas. Zuhause spielt sie auch gerne Ball oder schaukelt im Garten. Urlaubszeiten verbringt sie gerne mit ihrer Familie im sonnigen Griechenland.

Rückblick 2019

Ist der Klimawandel nun auch bei der Edelweiß Classic angekommen oder hat es Petrus am letzten Juni-Wochenende nur etwas zu gut gemeint?

So warm war ein ganzes Edelweiß-Wochenende noch nie in den vergangenen 15 Jahren und es gab neben heißen Schlitten auch extrem heiße Temperaturen in Berchtesgaden und dem angrenzenden Salzburger Land. Bis auf ganz wenige Ausnahmen überstanden Mensch und Maschine die Hitzeschlacht aber ganz gut – auch dank zusätzlichem Kühlwasser für die Motoren und der gekühlten Milchprodukte aus der Molkerei Berchtesgadener Land für Fahrer und Beifahrer.

Der Freitag begann traditionell mit dem „freiwilligen“ Prolog „Auf malerischen Wegen rund um den sagenumwobenen Untersberg“. Über die Hälfte der Teilnehmer cruiste durch die schattigen Wälder, der Rest genoss das Hotel Edelweiss, die Geschäfte in der Fußgängerzone oder die Gastronomie in Berchtesgaden. Vorher musste aber noch eine „Kuh“ gemolken werden und die Geschicklichkeit mancher Teilnehmer/innen löste große Heiterkeit bei den Zuschauern aus.

Das „Ersatzprogramm“ am Freitagabend entwickelte sich zu einem absoluten Highlight und kein Teilnehmer dachte später noch an die entfallene Fahrt auf den Jenner. Zum ersten Mal seit Bestehen des Hotels gelang ein so fulminanter Abend mit so vielen Gästen im Panorama-Restaurant auf der Dachterrasse und hierbei half das Wetter tatsächlich mit. Der „Bayerische Abend“ überzeugte mit einer phänomenalen Aussicht über die Dächer Berchtesgadens auf die umliegenden Berge, allen voran dem Watzmann, entsprechender Volksmusik und kulinarischen Meisterwerken aus der Hotelküche. Ein enormer Dank gebührt den Verantwortlichen und dem Personal des Hotels Edelweiss!

Kulinarische Highlights gab es am Freitagabend im Hotel Edelweiss.

Markus Spiegelsberger, der Geschäftsführer der Behindertenwerkstatt Piding, stellte das diesjährige Spendenprojekt vor und nach einer kleinen, aber sehr erfolgreichen Charity-Auktion wartete ein grandioser Abschluss auf die Gäste: Einige Teilnehmer hatten ein Feuerwerk spendiert und die „Himmelsschreiber“ aus Unterhaching zauberten ein sensationelles, von passender Musik untermaltes Kunstwerk in den Nachthimmel über Berchtesgaden.

Der Blick auf das Hotel Edelweiss in Berchtesgaden und das sensationelle Feuerwerk anlässlich der EdelweißClassic 2019.

Am Samstagmorgen warteten auf dem Weihnachtsschützenplatz außer (noch) angenehmen Temperaturen auch Hannes Mayerl mit dem Mikrofon, die nächste knifflige Sonderprüfung und Walter Röhrl mit dem Porsche 918 Spyder aus dem Porsche-Museum mit der Startnummer 1 auf die anderen Teilnehmer und die zahlreichen Zuschauer. Im Minutentakt und unter großem Beifall schickte der stimmgewaltige steirische Moderator das bunt gemischte Starterfeld mit knapp 90 Fahrzeugen auf die Reise nach Kaprun im benachbarten Österreich.

Durch die Versorgungstunnels ging es zum zum Hochgebirgsstausee Mooserboden.

Hier sammelte man sich in zwei Gruppen vor einer unscheinbaren Schranke zum vielleicht eindrucksvollsten Streckenabschnitt aller bisherigen Rallyes. Die Kaprun Hochgebirgsstauseen-Verbund GmbH ermöglichte der Edelweiß Classic als allerletzten Gruppe die Fahrt durch den eigentlich gesperrten Versorgungstunnel und weiter direkt bis zum Stausee Mooserboden. Das Hochgebirgspanorama nach dem ca. 6 Kilometer langen Weg durch den Fels verschlug allen Fahrern und Beifahrern die Stimme und prägte sich unauslöschlich in ihre Erinnerung ein.

Nach dem Parken vor und hinter der imposanten Staumauer musste die nächste Sonderprüfung absolviert werden und dann konnte die einmalige Aussicht und eine Almjause vor der Berggaststätte genossen werden. Leider schaffte der Oldtimerbus unseres langjährigen Freundes und Unterstützers, Dr. Konrad Auwärter, das letzte Stück nicht und musste kurz vor dem Ziel in einer Ausweichbucht mit Getriebeschaden abgestellt werden. Dank des Zusammenhalts unter den Teilnehmern und der Hilfe des Verbund-Personals konnten die Businsassen aber schnell zu ihrer Mittagspause gebracht und anschließend auf andere Fahrzeuge verteilt werden. So kamen alle rechtzeitig wieder ins Tal und auch der Bus konnte noch am Montagabend geborgen werden.

Die Stempelkontrolle vor dem Fahrzeugmuseum von Helmut Vötter in Kaprun geriet leider zur Geduldsprobe, weil der umtriebige Hotelier vor lauter Freude und Begeisterung manchmal die Zeit vergaß. Dank des freundlichen und aufmerksamen Personals vor Ort ertrugen die hitzegeplagten Piloten und Copiloten auch diese Herausforderung und fuhren anschließend um den Zeller See und auf malerischen Sträßchen zur Hochkönig Straße. Mit der ständigen Aussicht auf ein grandioses Bergpanorama führte der Weg über den Filzensattel nach Bischofshofen und über Hallein wieder zurück nach Berchtesgaden.

Hier freuten sich alle auf einen schattigen Parkplatz in der Hotelgarage, eine kalte Dusche und die bevorstehende Siegerehrung. Überrascht wurden die Gäste dann von einem besonderen Aperitif: Die Enzianbrennerei Grassl hat für die Molkerei BGL einen Milchlikör kreiert, der erst im Herbst in den Handel kommt und hier von den beiden Geschäftsführern und ihren Ehefrauen präsentiert wurde. Den einen oder anderen Teilnehmer ertappte man mehrfach beim Nachfüllen, denn das Getränk kam sehr gut an.

Drei fantastische Volksmusikanten, Andrea Stöger, Hermann und Tobias Huber, begleiteten den Abend musikalisch und die Hotelküche hatte sich wieder einmal übertroffen. So ließ man den Tag mit seinen vielen unvergesslichen Eindrücken Revue passieren, tat bei einer kleinen Bilder-Versteigerung ein gutes Werk und wartete auf die Siegerehrung. Zuvor konnte Joachim Althammer noch alle von Gerd Ehrenhuber gemalten Aquarelle verkaufen und so den aktuellen Spendenstand weiter erhöhen. Auch der Landrat und Schirmherr Georg Grabner war an diesem Abend unter den Gästen und bedankte sich für die großartige Unterstützung der Behindertenarbeit im Landkreis BGL.

Zum Glück gibt es die EdelweißClassic und zu dieser das passende Magazin RETROSPEKTIVE.

Auf die Gewinner warteten handgemachte Edelweiß-Trophäen aus Sölker Marmor von Willi Lerchegger und die Ehrenpreise stammten erneut von der Töpfergruppe der Behindertenwerkstatt Piding. Diese Automodelle verteilten Mayerl und Althammer zuerst, dann wurde das Geheimnis um die geschicktesten Teilnehmer gelüftet: Holzpokale für die Plätze 1 und 2 stehen bereits im Wohnzimmer der Familie Rupp, nun holten sich die Damen Katharina und Lore auch einen Pokal für den 3. Platz. Der jüngste Teilnehmer, Simon Rupin, holte mit seiner Leistung bei der Schätzfrage die nötigen Punkte für den 2. Platz, was seine Eltern, Simone und Mike Rupin, besonders freute. Ohne Beifahrer die Strecke zu finden, ist bei der Edelweiß Classic ja nicht unmöglich, aber alleine auch noch alle Prüfungen mit Bravour zu absolvieren, gelang noch nicht oft. Diesmal schaffte es Dr. Peter Kipfer und als Belohnung gab es für ihn den größten Pokal. Herzlichen Glückwunsch noch einmal an alle Sieger!

Der wärmste Tag war schließlich der Sonntag und die extremen Temperaturen verhinderten auch einen neuen Besucherrekord beim Abschlussfest in Piding. Die Mitarbeiter der Werkstatt hatten wieder einen enormen Aufwand betrieben und das Fest akribisch vorbereitet. Es warteten Trachtenkinder, Volksmusikanten, die Tanzgruppe aus der Werkstatt, eine schöne Tombola und herrliche Schmankerln aus der Küche auf die Besucher.

Die meisten Teilnehmer ließen es sich nicht nehmen hier teilzunehmen und konnten so die Werkstatt und speziell das Spendenprojekt, einen Gemeinschaftsraum für schwerer beeinträchtigte Menschen, besichtigen. Die Besucher freuten sich über die schönen Fahrzeuge und Hannes Mayerl und Florian Huber führten gemeinsam durch das abwechslungsreiche Programm.

Joachim Althammer konnte zum Schluss zwar noch kein genaues Spendenergebnis – die diesjährige Spende der Willi Althof-Stiftung steht noch nicht fest – verkünden, aber dafür den Termin für das nächste „Autofahren mit Herz“: Die Edelweiß Classic 2021 findet vom 25. bis 27. Juni statt und die Behindertenarbeit im Landkreis BGL hofft wieder auf viele Teilnehmer, Helfer und Unterstützer!

Portrait Walter Röhrl

EdelweißClassic | Walter Röhrl '82 im Cockpit seines Opel Ascona. Bild: McKlein

Das Unikat

Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag des bekannten Motorsporthistorikers Siegfried C. Strasser. Er schreibt unter anderem für das Rossfeld-Magazin und ist Autor diverser Motorsportfachbücher.

Walter Röhrl gilt nicht nur einer der besten Rallyefahrer aller Zeiten, er ist auch abseits der Strecke sehr engagiert. Unter anderem als Botschafter für den Internationalen Edelweiß Bergpreis Roßfeld Berchtesgaden, die sportliche große Schwester der EdelweißClassic . Umso mehr freuen wir uns, ihn als Teilnehmer der diesjährigen Ausgabe der EdelweißClassic begrüßen zu dürfen

Als Kind litt er unter seinen roten Haaren. Er wurde verspottet, verdroschen, ging 10 Minuten vor Schulschluss zu Mutter und Bruder, um nicht wieder in eine Rauferei verwickelt zu werden. Irgendwann, das spürte er, zeig ich’s euch, dass ich besser bin als ihr alle miteinander!

Und das tat er auf seine unnachahmliche Weise. Er wurde der beste Rallyefahrer, der König der Quertreiber, zweimal Weltmeister, gewann die Monte viermal, jeweils in einem anderen Auto. Er war stets total fokussiert auf seinen Sport, alles andere kam danach, auch seine Monika. Eine andere, sagt er, hätte mich niemals ausgehalten.

Sein impulsives Naturell ließ ihn nie vor der Wahrheit zurückschrecken, und sei sie noch so peinlich. Er sagte die Dinge so, wie er sie in dem Moment dachte. Auch wenn er damit den einen oder anderen vor den Kopf stieß.

Jeder kennt die Geschichte vom Affen, der den Allrad-Audi steuern konnte. Röhrl saß in einem heckgetriebenen Opel Ascona. Michele Mouton führte in der WM. Eine Frau war schneller als er! Das konnte nicht sein! In einem Interview sagte Mouton später, sie könne er mit dem Affen nicht gemeint haben, denn „Mouton“ heiße ja „Schaf“. Am Ende war doch wieder der baumlange Regensburger Weltmeister, obwohl er da noch keinen Quattro hatte.

Röhrl war stets Asket, wenn es darum ging, seinem Sport zu dienen. Er ging um halb zehn ins Bett, wenn die anderen noch feierten bis zwei in der Früh. Er musste am nächsten Tag acht Stunden im Auto voll konzentriert sein. Er musste mit den unglaublichen Gruppe-B-Autos einen Ritt auf der Kanonenkugel absolvieren. Ein Fehler war ausgeschlossen. Selbst heute noch raucht er nicht, trinkt kaum Alkohol und betreibt Sport mit seinem Bike. Oder fährt Schi, wie damals, als er noch keine Rallyes bestritt und sein Freund Herbert ihm in den Ohren lag, sich um einen Werkvertrag bei einer Autofirma zu bemühen. Das erledigte sein Freund dann für ihn, schrieb Briefe und überzeugte schließlich Jochen Neerpasch von Ford, dass Walter der beste Autofahrer von allen war.

Um sich das einzig gscheite Auto zu kaufen, wie sein Bruder sagte, einen Porsche, verzichtete er auf alles, was junge Leute meistens am liebsten tun: Walter ging nie aus, nie in eine Disco, er sparte sich alles vom Mund ab, lebte bei der Mutter, damit er sich einen 356 kaufen konnte. Sein großes Vorbild, sein Bruder, verunglückte mit einem 356 tödlich. Der 356 C Coupé war sein erstes Auto. Noch heute hat er von jedem luftgekühlten 911 ein Exemplar in seiner Garage. Jahrelang war er Porsches Testpilot, fuhr jeden neuen Porsche, bevor er auf den Markt kam. Seine klaren Worte, seine Expertise, all das kam Porsche zugute.

Walter Röhrl fuhr auch Rundstreckenrennen für Audi, war in Amerika in der Transam und in der IMSA im Einsatz, aber seine größte Befriedigung war das Rallyeauto. Er war der erste Mensch am Pikes Peak unter 11 Minuten. 20 Kilometer Schotter, 156 Kurven, über 4000 Meter hoch.

Er sah besser als die anderen, in der Nacht, im Wald, im Nebel. Stichwort: Arganil. Er schlug alle um 10 Minuten bei der Monte, obwohl seine Kontrahenten im gleichen Auto die neuen, die besseren Reifen aufgezogen hatten.

Er hasste die Safari, weil sie für ihn keine Herausforderung darstellte und er nichts dafür erübrigen konnte, dass edelste Technik im Schlamm zerstört wurde.

Er hatte mit Christian Geistdörfer seit Mai 77 die „Mutter fürs Kleinkind“, die ihm alles abnahm, sodass er sich voll und ganz aufs Fahren konzentrieren konnte. Er trieb das Rallyefahren auf eine neue Perfektionsstufe dank seinem fotografischen Gedächtnis, seinem analytischen Verstand und seinem Talent. Sein Balancegefühl, das er vom Skifahren auf die Rallyepiste transformiert hatte, ließ ihn schneller sein als die anderen. Bei jedem Wetter. Auf jedem Terrain. Heute ist alles anders, ein Ogier hat es schwerer als er, denn heute sind die Autos einfach zu fahren, auch Halbblinde können damit genauso schnell sein. Heute fahren sie von 7 bis 19 Uhr, damals fuhren sie 40 Stunden nonstop. Einen Rallyepiloten wie Walter Röhrl kann es nur einmal geben. Er wollte nie berühmt sein. Aber er wurde es.

Rückblick 2017

Titelmotiv mit einem VW Käfer Hebmüller Cabrio Bj. 1951 für die EdelweissClassic 2017 - Der Traum vom Autofahren mit Herz | Photo: Uwe Kurenbach

Ende Juni befand sich die süddeutsche Radnabe der Oldtimerwelt endlich wieder in Berchtesgaden. Nachdem sich Joachim Althammer vor zwei Jahren entschlossen hatte, die EdelweißClassic und den Edelweiß-Bergpreis zukünftig zweijährig im Wechsel durchzuführen, warteten die Fans sehnsüchtig auf die Neuauflage des „Traums vom Autofahren mit Herz“. Durch den herzlichen und bodenständigen Charakter der touristischen Rallye ist die EdelweißClassic in den letzten 13 Jahren zu einer großen Familie herangewachsen und auch Neuankömmlinge fühlen sich sofort geborgen und liebevoll aufgenommen. So gab es am Freitag im Hotel Edelweiss, dem perfekten Mittelpunkt der Veranstaltung, bei der Begrüßung und Akkreditierung ein großes Hallo beim Treffen alter und neuer Freunde.

Eine schwierige Frage! Wieviel Ballons sind in diesem Auto?
Eine schwierige Frage! Wieviel Ballons sind in diesem Auto?

Nachdem die rund 150 Gäste ihre Unterlagen und Gastgeschenke in Empfang genommen hatten und die Zahl der Luftballons  im Ford Escort geschätzt waren, teilte sich die Gruppe. Etwa die Hälfte genoss entweder den genialen Wellnessbereich im Hotel oder die Gastfreundschaft und die schönen Geschäfte in der Fußgängerzone vom Markt Berchtesgaden. Die andere Hälfte begab sich mit ihren Fahrzeugen auf den Weg Richtung Chiemsee, um den (freiwilligen) Prolog zu erfahren. Leider wurde den meisten Fahrern auf dem idyllischen Höhenrücken zwischen Inzell und Teisendorf der Blick auf den Chiemsee verwehrt, weil ein plötzliches und kurzes Gewitter den Einsatz der Scheibenwischer notwendig machte.

Porsche 356 auf der Wasserscheide am Teisenberg
Porsche 356 auf der Wasserscheide am Teisenberg

Nach einem Aperitif traf man sich am Abend im Saal des Hotels, wurde von Bürgermeister Franz Rasp begrüßt und erhielt von den jeweiligen Geschäftsführern der Lebenshilfe BGL und der Behindertenwerkstatt Piding, Dieter Schroll und Hermann Seeböck, einen kurzen Überblick über die beiden diesjährigen Spendenprojekte. Die schon zur Tradition gewordene Vernissage mit Bildern von Gerd Ehrenhuber fand natürlich auch statt, allerdings konnte der Künstler aus gesundheitlichen Gründen leider selbst nicht anwesend sein – seine 12 wunderschönen Aquarelle fanden jedoch am gleichen Abend noch reißenden Absatz und neue, glückliche Besitzer. Nach dem offiziellen Teil genoss man das tolle Menü aus der Küche und angeregte Gespräche mit alten und neuen Bekannten. Die eine oder andere Gruppe konnte man auch danach noch in guter Stimmung an der Hotelbar antreffen.

Zur Fahrerbesprechung am Samstagmorgen waren alle wieder – mehr oder weniger – ausgeschlafen und konzentrierten sich auf die Informationen von Joachim Althammer. Wie sich noch zeigen sollten, bewahrheiteten sich diesmal die Wetterprognosen des Veranstalters und es blieb den ganzen Tag sonnig. Hannes Mayerl, der langjährige Moderator und Sprecher der EdelweißClassic, war auch in der Nacht eingetroffen und verabschiedete mit launigen Worten die 75 Teams auf die Samstags-Runde. Die zahlreichen Zuschauer aus nah und fern konnten gegen „Futter für die Spenden-Eulen“ kleine Andenken und das aufwendige und informative Programmheft zur Veranstaltung erwerben.

Eine kurze Stippvisite bei der LH und dem durch Spenden geförderten Wohnhaus.
Eine kurze Stippvisite bei der LH und dem durch Spenden geförderten Wohnhaus.

Die Vormittagsstrecke führte durch den Talkessel zum neuen Wohnhaus der Lebenshilfe BGL, die hier einen lang gehegten Wunsch, auch durch die Mithilfe der EdelweißClassic, realisieren konnte. So finden auch Menschen aus dem südlichen Landkreis in Berchtesgaden endlich eine neue Heimat in der Nähe ihrer Familien. Die Rallyeteilnehmer konnten nicht nur sehen, wohin der eine Teil der diesjährigen Spenden floss, sondern wurden auch von den Bewohnern begeistert empfangen und erhielten ein wunderschönes Geschenk, sowie einen Stempel in die Bordkarte. Nun wurde es fahrerisch anspruchsvoll! Durch die Berchtesgadener Alpen ging es über die legendäre ehemalige Bergrennstrecke am Roßfeld Richtung Ettenberg zur Mittagspause. Vorher mussten bei der Anfahrt aber noch Schilder gezählt und Pfeil und Bogen-Künste bewiesen werden. Im Schatten der Wallfahrtskirche und des Mesnerwirtes hatte die Familie Weinmann mit einem Helfertrupp der EdelweißClassic auf einer großen Wiese ein sensationelles Picknick vorbereitet, von dem alle Anwesenden noch lange träumen werden.

Picknick vor der kolossalen Kulisse der Wallfahrtskirche Ettenberg.
Picknick vor der kolossalen Kulisse der Wallfahrtskirche Ettenberg.

Hinter einem historischen Traktor waren auf einem alten Anhänger Holzkistchen aufgestellt, worin sich die zünftige Brotzeit befand. Diese Holzkistchen, angefertigt und bedruckt von der Behindertenwerkstatt Piding, wurden von Mitarbeitern/innen der Werkstatt an die hungrigen Fahrer als Geschenk überreicht. Man holte sich kalte Getränke aus einer eisbefüllten alten Blechbadewanne und setzte sich auf „Stühle und Tische“ aus Strohballen. Wie schon erwartet und befürchtet, genossen einige Teilnehmer diese einzigartige Atmosphäre so lange, dass sie zu spät nach Bad Reichenhall zur Kaffeepause kamen.

Opel Blitz am ehemaligen Grenzübergang nach Österreich
Opel Blitz am ehemaligen Grenzübergang nach Österreich

Vorher ging es aber noch über einen winzigen ehemaligen Grenzübergang in die Nachbar­republik und auf Nebenstraßen durch Berg und Tal entlang des Wiestalstausees und am Fuße des Gaisbergs entlang nach Salzburg. Von dort führte die malerische Strecke nach Bad Reichenhall auf den Rathausplatz. Hier warteten nicht nur Kaffee und Kuchen im Traditionsgasthof Bürgerbräu, sondern auch Hannes Mayerl am Mikrofon, viele Zuschauer und zur Überraschung aller, noch etwa 25 Oldtimer der „Via Julia“.   Die Teilnehmer einer Tagesveranstaltung kamen vom Chiemsee und freuten sich über das Treffen mit der EdelweißClassic. Zurück in Berchtesgaden blieb genügend Zeit, sich für den Abend vorzubereiten.

Auf dem Weg nach Salzburg
Auf dem Weg nach Salzburg

Die Wenigsten hatten daran geglaubt, aber trotz ständigen Wetterleuchtens in den umliegenden Bergen, blieb es den ganzen Abend warm und trocken – und so wurde es eine der stimmungs­vollsten Abend­veranstaltungen in der langjährigen Geschichte der EdelweißClassic. Eine urig/edle Biergarten­atmosphäre im Neuhausgarten, eine traumhafte musikalische Begleitung durch die „Salonboarischen“ rund um Ausnahme­musiker Hermann Huber und ein hervorragendes, typisch bayerisches Menü aus der Küche, ergaben einen zauberhaften Abend und eine tolle Umrahmung der Siegerehrung.

Hochstimmung beim Gasthaus Neuhaus am Samstagabend.
Hochstimmung beim Gasthaus Neuhaus am Samstagabend.

Ach ja, Sieger gab es auch! Nachdem handgetöpferte Automodelle aus der Behinderten­werkstatt als Ehrenpreise an die Besitzer des ältesten Fahrzeuges, die Weitangereisteten und die Gewinner der Teamwertung übergeben waren, erhielt der jüngste Teilnehmer noch einen riesigen Pokal. Den kleinsten der aus Sölker Marmor handgefertigten Edelweiß-Trophäen erhielten Jacqueline und Hans-Peter Moser mit ihrem holzbeplankten Morris Minor Traveller. Den zweiten Platz errangen mit minimalen Vorsprung Lydia und Josef Schmid mit dem Ford Taunus 17m und Sieger mit den weinigsten Strafpunkten wurden in diesem Jahr Eberhard Nowak (der auch am nächsten Tag noch eine wichtige Rolle spielen sollte) mit seinem Copiloten und Schwiegersohn Jörg Rummel. Ein wunderbarer Tag fand für die meisten Teilnehmer noch einen beschwingten Ausklang an der Hotelbar und man freute sich auf den Abschlusstag in Piding. Schon fast traditionell hatten viele fleißige Helfer in den Pidinger Werkstätten das Abschluss- und Sommerfest organisiert und aufgebaut. Petrus war offenbar nach dem Samstag zu sehr strapaziert und kurz vor dem offiziellen Beginn begann es zu regnen und der Himmel schloss seine Schleusen leider erst wieder nach dem Ende am Nachmittag.

I'm singing in the rain
I’m singing in the rain

Karl Valentin hätte gesagt: „Alle reden vom Wetter, aber keiner unternimmt was dagegen“. Der Freude und Begeisterung tat dies aber keinen Abbruch. Es wurden kurzfristig Zelte organisiert und aufgestellt, Musik- und Tanzvorführungen in den Speisesaal verlegt – und Schirme ausgepackt. Die Fahrzeuge der Rallyeteilnehmer und die Oldtimer des großen Organisationsteams wurden im Hof aufgestellt und von Hannes Mayerl und Florian Huber vorgestellt – und von den Zuschauern bejubelt. Über 1.000 Besucher genossen das Fest und wurden aus der Werkstattküche und aus Verpflegungshütten heraus mit Köstlichkeiten verwöhnt. Die Trachtenjugend, die Pidinger Musi und verschiedene Gruppen der Behindertenwerkstatt unterhielten die Gäste und man konnte bei einer Tombola tolle Preise gewinnen. Landrat und Schirmherr Georg Grabner ließ sich vom Wetter auch nicht abhalten und freute sich zusammen mit Oswald Lerach, dem Vorsitzenden der Lebenshilfe BGL, über eine Scheckübergabe. Diesen Scheck hatte Eberhard Nowak im Gepäck und übergab die symbolische Spende der Willi Althof Stiftung an Oswald Lerach als Zuschuss für die neuen Außenanlagen beim Wohnheim Berchtesgaden. Joachim Althammer übergab noch ein Geschenk an den scheidenden Geschäftsführer der Pidinger Werkstätten, Hermann Seeböck und verkündete dann noch die Gesamt-Spendensumme von knapp über € 83.000,–, womit für die Gestaltung der Rückzugsräume in der Werkstatt immerhin noch € 25.000,– zur Verfügung gestellt werden konnten. 

In Anwesenheit von Oswald Lerach und Eberhard Novak überreicht Joachim Althammer dem scheidenden Geschäftsführer Hermann Seeböck ein Geschenk.
In Anwesenheit von Oswald Lerach und Eberhard Novak überreicht Joachim Althammer dem scheidenden Geschäftsführer Hermann Seeböck ein Geschenk.

Nach seinen Dankesworten an die Teilnehmer und die vielen ehrenamtlichen Helfer kündigte er noch eine leichte „Modernisierung“ der EdelweißClassic und das Datum der nächsten Veranstaltung an: Vom 28. – 30. Juni 2019 wird es neue und aufregende Fahrstrecken, neue Veranstaltungsorte und ein bunteres Teilnehmerfeld geben. Gleich bleiben wird aber der Mittelpunkt in Berchtesgaden und der soziale Hintergrund mit der Hilfe für Menschen mit Behinderung im Berchtesgadener Land. Und die in den 14 Jahren fast erreichte „Million“ soll dann endlich vollgemacht werden!